WER WAR ALFRED HERRHAUSEN?
Alfred Herrhausen war von Mai 1985 bis zu seiner Ermordung 1989 Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Insbesondere während dieser Zeit hat er die Bank umfassend umstrukturiert, modernisiert und international ausgerichtet. Herrhausen war als scharfsinniger und unerschrockener Denker weltweit bekannt. Er dachte über nationale Grenzen hinaus und forderte, dass Wirtschaftsunternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Der Entwicklung des Gemeinwesens galt seine Leidenschaft mindestens so sehr wie der Entwicklung des Geschäfts.
Er galt als Gegner aller Denkverbote. Immer wieder dachte er laut über Themen nach, die zu seiner Zeit nur wenige Menschen ansprachen. Vom Schuldenerlass für Entwicklungsländer, Engagement für das Gemeinwesen, Eigeninitiative und Verantwortung bis hin zu der Frage, wie große Organisationen es schaffen können, offen, authentisch und dynamisch zu bleiben. Der Ungewissheit der Zukunft könne man, so Herrhausen, nur mit größtmöglicher geistiger Freiheit und Flexibilität begegnen. Es ging ihm um die schonungslose Analyse des Bestehenden, um daraus Ideen zu entwickeln, wie Herausforderungen gemeistert werden können. „Die meiste Zeit geht dadurch verloren“, sagte Herrhausen, „dass man nicht zu Ende denkt.“
Alfred Herrhausen wurde am 30. Januar 1930 in Essen geboren. Er studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Universität Köln und schloss das Studium 1952 als Diplom-Kaufmann ab. 1955 promovierte er bei Karl Wessels über „Grenznutzen als Bestandteil des Marginalprinzips“. Zuvor hatte Herrhausen bereits seit 1952 als Direktionsassistent in der Hauptverwaltung der Ruhrgas AG in Essen gearbeitet. 1955 wechselte er zu den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen AG (VEW) nach Dortmund, an deren späterer Teilprivatisierung er maßgeblich beteiligt war. 1966 stieg er in den Vorstand der VEW auf, zuständig für den Bereich Finanzen.
In die Deutsche Bank trat Herrhausen 1969 ein. Am 1. Januar 1970 berief ihn der damalige Vorstand unter Führung von Friedrich Wilhelm Christians zum stellvertretenden Vorstandsmitglied. Ein Jahr darauf wurde er ordentliches Vorstandsmitglied, verantwortlich für Nord- und Südamerika, Australien/Neuseeland und Südafrika. Zudem verantwortete er die Bereiche Außenhandelsfinanzierung sowie volkswirtschaftliche Fragen.
Im Mai 1985 wurde Herrhausen zum Sprecher des Vorstands der Deutschen Bank gewählt. Diese Aufgabe teilte er sich noch bis Mai 1988 mit Friedrich Wilhelm Christians, bevor er die Funktion schließlich alleine übernahm. Von nun an stellte er die Weichen für die Zukunft der Bank. Am 30. November 1989 fiel Alfred Herrhausen einem Bombenattentat in der Nähe seines Wohnhauses in Bad Homburg zum Opfer.
Die Täter wurden nie gefasst.
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – dieses Zitat von Ingeborg Bachmann ist in die beiden Basalt-Stelen eingraviert, die heute am Tatort an ihn erinnern sollen.